Windkraftanlagen im Forst, oder überhaupt?

Mo., 01.03.2021 - 21:47
Hans-Joachim Purde, Vorstand der 3Eeg und Felix Edelmann, Mitglied der 3Eeg

 

Am 16. Mai diesen Jahres fragt unser Landrat uns, also alle Bürgerinnen und Bürger im Landkreis, ob im Ebersberger Forst Windkraftanlagen entstehen sollen. Heftiges Medien- und Leserbriefrauschen darüber begleitet uns aktuell, die Debatte kocht schon seit Jahren: Gut sachlich und faktenbasiert, emotional bis egozentrisch, aber auch leider neben der Schiene – schlimmer geht immer.

 

Was bleibt ist die Erkenntnis, dass wir alle der Entscheidung über die Zukunft unseres Lebens auf dieser unserer Erde nicht ausweichen können. Machen wir weiter – mit guten Chancen, unsere Lebensgrundlagen und die unserer Kinder zu zerstören? Oder sind wir bereit für intelligente, zukunftsfähige Lösungen?

 

Das gesamte Dasein und die Zivilisation unserer Menschheit basiert mit darauf, dass wir uns die Kräfte der Natur zunutze gemacht haben. Jede Steinzeithöhle hatte ihre Feuerstelle und darüber kochte und dampfte Wasser. Seit Jahrtausenden benötigen wir Menschen Energie, und doch ist uns meistens nur eingefallen, irgendetwas zu verbrennen: Sei es Holz, Kohle, Öl oder Gas. Ausnahmen waren die alten Seefahrer und Müller, denen das Rudern und Mühlsteindrehen zu schwer war.

 

Es gilt immer wieder neu zu denken:

1. Erkenntnis:

Die Energie der Natur, unsere Sonne, ob wir wollen oder nicht, ist da und ohne Limit. Wir sind als Menschen ein Ergebnis dieser Energie, also nutzen wir sie, so wie sie uns gegeben ist. Wind entsteht auf unserer Erde durch die Sonnenwärme.

 

2. Erkenntnis:

Wir können diese Energie nutzen, ohne die Atmosphäre aufzuheizen, Regenwälder abzuholen und zu verbrennen oder Ressourcen zu plündern, die sich erst innerhalb von Jahrmillionen wieder bilden. Wir haben die moderne und intelligente Technik dazu – eigentlich auch die Vernunft und die gute Absicht, eine solche Zukunft zu ermöglichen.

 

3. Erkenntnis:

Die Zeit drängt – die Transformation jeglicher Energieerzeugung und -nutzung muss innerhalb der nächsten zehn Jahre gelingen, um die menschengemachte Klimaveränderung einzubremsen, zu stoppen, zu revidieren [1] (siehe Klimaabkommen von Paris, 2015).

 

4. Erkenntnis:

Die Fakten zur Windkraft liegen auf dem Tisch. Es genügt ein Blick auf die Informationsseite der Energieagentur, die den Auftrag hat, neutral zu informieren: www.windenergie-landkreis-ebersberg.de

 

5. Erkenntnis:

Unser Vertrauen und unser Mut sind gefordert, den Weg dieser Transformation zu gehen. Wir müssen tun, hier und jetzt, nach bestem Gewissen. Der Reflex der Zustimmung, aber nicht in meiner Nähe, ist kein Beitrag zur Lösung.

 

Ja, auch wir hier in unseren Landkreis können und müssen diesen Weg gehen und wir haben beste Voraussetzungen. Im Fokus stehen dazu unser jetziger und zukünftiger Bedarf an Energie für Lebensqualität, Gesundheit, Wohlstand, Mobilität und Kommunikation bei bestens zu erhaltender und bewahrter Natur – auch des Ebersberger Forstes. Der Forst würde eine Erwärmung der mittleren Temperatur um mehr als 1,5° C und deren Folgen ebenso wenig überleben [2] wie unsere aktuelle Landwirtschaft und unser Eberberger Land, wie wir es kennen, lieben und bewahren wollen.

 

Für die Deckung des Strombedarfs sind Windkraftanlagen unbedingt notwendig, da deren Erzeugungsleistung weit über Photovoltaik-Anlagen liegt und Wind nun mal auch nachts weht. Sie sind wirtschaftlich, sie sind keine Infraschall-Monster sondern technische Highlights und erzeugen elektrische Energie ohne klimarelevante Emissionen. Jeglicher Standort unterliegt umfangreichen Regelungen zum Schutz angrenzender Besiedelung und von betroffener Natur. Es gibt Abschaltalgorithmen für den Fledermausschutz und weitere technische Möglichkeiten, um Kollisionen mit größeren Vögeln zu verhindern. Und eins ist klar: Ohne Umbau der Energieversorgung geht diesen Tieren langfristig nicht nur der Lebensraum Forst verloren.

 

Auch die Berechnung der CO2 Bilanz ist beeindruckend: Die fünf Windräder im Ebersberger Forst würden durch ihre Stromproduktion pro Jahr mindestens 27000 Tonnen CO2 vermeiden [3]. Dafür müssten 1,5 Hektar Land dauerhaft von Wald freigehalten werden. Der Ebersberger Forst verliert damit eine Waldfläche die nur 16,5 Tonnen CO2 pro Jahr binden kann [4]. Der Gewinn durch CO2 Vermeidung übersteigt damit den Verlust durch die Waldfläche um mindestens den Faktor 1600!

 

Es ergibt sowohl energetisch, als auch finanziell Sinn, unseren Strom bei uns vor Ort zu produzieren. So ist wirtschaftliche Teilhabe und Einfluss für jedermann möglich. Mit unserer Strategie, die Bürger einzubinden und selbst in die Energiewende zu investieren – aktuell vorrangig in Form von Photovoltaik-Anlagen –, sind wir als 3E-Genossenschaft in Vaterstetten und Zorneding sehr erfolgreich und können uns auf eine breite Zustimmung in der Bevölkerung stützen. Die Windräder sollen sich also auch zum Wohle des eigenen Geldbeutels und der gemeindlichen Budgets drehen. Ebenso werden unsere gewohnten Energieversorger ihren Platz finden und nicht im Abseits stehen. Die Aufgabe vorgenannter Transformation fordert alle Akteure und bietet Chancen.

 

Nun haben wir also die Chance, im Ebersberger Forst fünf Windkraftanlagen zu errichten. Wir erinnern uns: Die Zeit drängt und es gilt, nun endlich zu handeln und mutig, gepaart mit Wachsamkeit und Zuversicht, diesen Schritt zu gehen. Genauso wie wir die Corona-Krise mit der Hilfe eines Impfstoffs bewältigen zu hoffen, so wollen wir die Klimakrise mittels Energiewende bezwingen – mit einem „Ja“ zu Windkraftanlagen, auch im Forst, in der vorbestimmten Anzahl.

 


[1] Wikipedia, Übereinkommen von Paris: Das Ziel des Übereinkommens ist in Artikel 2 „Verbesserung der Umsetzung“ des UNFCCC wie folgt geregelt:

 

  • Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau; Anstrengungen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dadurch sollen die Risiken und Auswirkungen des Klimawandels deutlich reduziert werden.
  • Erhöhung der Fähigkeit, sich an die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels anzupassen, Förderung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen sowie Förderung einer Entwicklung, die mit geringen Treibhausgasemissionen einhergeht und zugleich die Nahrungsmittelproduktion nicht bedroht.
  • Vereinbarkeit der Finanzströme mit einem Weg hin zu niedrigen Treibhausgasemissionen und klimaresistenter Entwicklung.

 

[2] „Der Forst wird regelmäßig brennen“, Björn Walz, Grafing, SZ 18.10.2019

 

[3] Die fünf Anlagen werden ca. 40 bis 45 Millionen kWh Strom pro Jahr erzeugen (windenergie-landkreis-ebersberg). Die Emissionen für den nicht regenerativen Strommix in Deutschland betragen ca. 0,8 kg CO2 pro kWh. Durch die Windkraftanlagen werden also vorraussichtlich mindestens 32000 Tonnen CO2 bei der Stromproduktion vermieden. Für die Errichtung der Windkraftanlagen berücksichtigen wir noch einen pauschalen Abschlag von 15%, somit ergeben sich die genannten 27000 Tonnen CO2 jährlich.

 

[4] Der bayerische Staatswald bindet durchschnittlich knapp 11 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr (Bayerische Staatsforsten), die benötigte Fläche für die Windkraftanlagen wäre 1,5 Ha (windenergie-landkreis-ebersberg). Daruch ergeben sich 16,5 Tonnen CO2 pro Jahr, die nicht durch den Wald gebunden werden könnten.